Vielfältiges Vietnam

Vielfältiges Vietnam

Zu Wasser zu Lande und in der Luft kreuz und quer durch das Land am Mekong

Lautlos schiebt sich die Bhaya durch das blaugrüne Wasser, vorbei an den bizarren Felseninseln der Ha Long Bay. Die rund 1500 Quadratkilometer große Bucht im Gebiet des Golfs von Tonkin im Norden Vietnams zählt seit 1994 zum Weltkulturebe der UNESCO und ist eines der sieben neuen Weltwunder. Denn mehr als 1969 Kalkfelsen ragen hier in die Luft und versetzen jährlich tausende Besucher in Staunen. Kein Wunder, dass die Bucht von bis zu 250 Schiffen gleichzeitig durchquert wird. Manchmal herrscht hier Hochbetrieb erklärt mir Kapitän Trinh Dinh Xa, der seit 10 Jahren als erfahrener Seemann diese Bucht durchkreuzt und seine Gäste sicher durch die Felsen steuert. Das erst 2007 in Betrieb genommene, 36 Meter lange und 8,10 Meter breite Kreuzfahrtschiff Bhaya mit 40 Kabinen, von denen sogar zwei Luxuskabinen mit Terrasse sind, bietet mir als Gast eine entspannte Tour durch die aufregende Ha Long Bay. Sogar ein Spa-Bereich mit Masseurin ist vorhanden. Ich bevorzuge heute trotz wolkenverhangenem Himmel das Sonnendeck. Die dicht begrünten Felsenformationen muten wie aus dem Wasser ragende Finger an, zwischen denen es sich regt und bewegt. Dort kreisen Adler und Bussarde hoch über der spiegelglatten Wasseroberfläche, die wie ein Becken grüner Suppe erscheint. Hier und da entdecke ich kleine Fischerboote und Frauen kommen mit schwimmenden Märkten auf kleinen Schaluppen an unser Kreuzfahrtschiff heran um Waren und Souvenirs anzubieten. Bemüht und mit sanfter Stimme halten sie mir freundlich lächelnd ihre Devotionalien entgegen.
Mir aber steht der Sinn nach einer Erkundung der Gegend. Mit einem Tender-Boot geht es zu einer Sammelstelle auf dem Wasser, an der ich mit anderen Reisenden in ein Ruderboot umsteige, auf  dessen Stabilität man besser keine Gedanken verwendet. Ächzend zieht der Fährmann die Ruder durch das Wasser, um uns spektakulär durch eine Felsgrotte hindurch in eine atemberaubende Bucht  zu befördern. Natürlich hätte ich für diesen Ausflug auch ein Kajak wählen können, wie sie zahlreich auf dem Wasser zu entdecken sind. Aber die Entspannung für einen puren Genuss dieses grünen Wasserparadieses ist mir heute wichtiger. Meine Gedanken schweifen zurück zum Beginn meiner Reise im Süden des Landes in der Ben Tre Provinz.

Im Mekong-Delta der Ben Tre Province

Aus der pulsierenden Metropole Ho Chi Minh City, dem früheren Saigon, kommend, gelange ich nach 2 Stunden Fahrt in südliche Richtung in die 150 Kilometer entfernt liegende Ben Tre Provinz. Bevor ich hier eine malerische Bootstour auf einem knatternden Flusskahn durch die engen Seitenarme des Mekong beginne, steige ich zunächst auf die wackelige Ladefläche eines Xe Loi, eine Art TukTuk für bis zu sechs Personen, ein Dreirad für Gruppen. Dann sause ich durch Reisfelder, enge Dorfgässchen und unübersichtliche Feldwege. Es schaukelt und knattert, dass einem die Sinne vergehen. Aber das Erlebnis ist lebensnah und unvergleichlich. Endlich gelange ich zum Kanal, an dem das Boot schon auf mich wartet. Mit meiner Gruppe besteige ich den recht komfortabel aussehenden Kahn und erfreue mich der Fahrt durch die Mangrovenwälder. Hier und da wirft ein Fischer seine Netze aus oder versenkt Krebsfallen im Wasser. Der Kanal führt auf den Mekong. Der breite Fluss, der sechs Länder durchquert mit einer Gesamtlänge von 4909 Kilometern, ist einer der zwölf längsten Flüsse der Erde. Aus dem Hochland von Tibet kommend, trägt er auf seiner Reise viel mit sich. Hier in der Gegend ist sogar eine ganze Region nach ihm benannt, das Mekong Delta, welches sich von Kambodscha nach Vietnam erstreckt. In neun Seitenarme verzweigt sich der Fluss und wird daher von den Vietnamesen „Song Curu Long“ – Neun-Drachen-Fluss genannt.
Und bei dem Anblick, welche Seelenverkäufer hier schwer beladen den Fluss hinauf und hinunter Sand, Kokosnüsse und Waren des täglichen  Bedarfs schippern, packt mich das blanke Entsetzen. Dass hier keine Havarie entsteht, erstaunt mich dabei um so mehr. Ich erreiche das Ufer mit meinem Kahn und wechsle das Fortbewegungsmittel. Denn nur zu Wasser unterwegs zu sein, ist mir heute nicht intensiv genug. Ich wähle das Fahrrad für einen Landgang.

Quer durch die Dörfer geht es auf zwei Rädern. Vorbei an Menschen in Bambus-Hütten und kleinen  Fischerhäusern, in denen die Bevölkerung dieser Gegend sich von den Erzeugnissen des Flusses ernährt. Eine Reisnudel-Fabrik am Wegesrand erweckt mein Interesse und ich schaue zu, wie aus Reis dünne Teigfladen gerollt und in der Sonne auf Bambus-Platten getrocknet werden, bevor man sie maschinell zu Nudeln verarbeitet. Auch aus Kokosnüssen, der wohl wichtigsten Frucht dieser Region, werden viele Lebensmittel und Erzeugnisse hergestellt. Heute sehe ich zu, wie Süßwaren und Seife daraus entstehen. Auch ein Teekannen-Wärmer aus einer Kokosnussschale weckt mein Interesse. Was doch alles aus einer Nuss werden kann.
Noch einmal wechsle ich das Gefährt. Nun geht es mit einem Ruderkahn durch die engen Kanäle. Die Buschpalmen hängen tief hinab, eine Atmosphäre wie in einem Dschungel erwartet mich. Es ist schwül-warm, wohl zu warm für die Krokodile, die diesen Fluss bevölkern, aber heute offenbar an Menschenbeute nicht interessiert sind.
Endlich gelange ich auf meinem Weg zu Sau Tuong, ein Farmer im Dorf My-Long. Ich höre seine Geschichte. Denn er war in den achtziger Jahren Soldat des Vietkong im Kampf gegen die Roten Khmer in Kambodscha, in dem Kommunisten aus Vietnam gegen Kommunisten aus Kambodscha kämpften, um die dortige Königsfamilie zu verteidigen. So irrsinnig sind Kriege, erzählt Sau Tuong, der heute froh ist, als Farmer friedlich leben zu können. Aber trotzdem stolz auf seine Armeezugehörigkeit präsentiert er mir seine Uniform und zeigt seinen Orden. Froh ist er aber auch, dass er nicht im Krieg gegen die Amerikaner bis 1975 dabei war. Denn diese Grausamkeiten hat er als Zivilist zur Genüge erlebt.
Nachdenklich aber erfüllt von den Erlebnissen des Tages begebe ich mich auf die Rückfahrt nach Saigon, dem heutigen Ho Chi Minh Stadt.

Saigon – das pulsierende Leben im Süden Vietnams

Ho Chi Minh Stadt, das frühere Saigon ist eine quirlige Metropole. Für Europäer, die diesen Verkehr nicht gewohnt sind, hat diese gelebte Unruhe etwas Faszinierendes und vermittelt einen ersten Eindruck davon, wie lebendig und gleichzeitig gelassen man hierzulande ist. Eine erste Mutprobe für Reisende ist es immer, eine Straße zu überqueren. Auf Grün an einer Ampel zu warten führt zu nichts, man könnte den ganzen Tag damit zubringen. Langsam und kontinuierlich im Angesicht der stets um einen herum sausenden Roller weiterzugehen ohne Hektik, das ist das richtige Vorgehen. Hektik führt zu Unfällen, weil sich die Roller-Fahrer nicht auf den Straßen-Überquerer einstellen können. Viel hat diese größte Stadt Vietnams nördlich des Mekongdeltas erlebt, deren innerer Kern heute noch immer Saigon heißt. Ho Chi Minh Stadt, benannt nach dem großen vietnamesischen Revolutionär und späterem Präsidenten des vereinigten Vietnams, war bis 1975 zum Ende der Republik Vietnam Hauptstadt und Sitz der hier ansässigen Regierung des geteilten Vietnams. Erst nach 1975, nachdem der „Amerikakrieg“, den man im Westen als Vietnamkrieg kennt, vorüber und die Stadt und das nun vereinigte Land Vietnam zur Ruhe kam, erhielt Saigon 1976 seinen neuen Namen Ho Chi Minh Stadt. So schaue ich mir auch zuerst die jüngste Vergangenheit der Stadt an, die untrennbar mit dem Krieg der Amerikaner gegen das Land verbunden ist. Der „Wiedervereinigungs-Palast“, früher das Weiße Haus und Sitz des letzten Präsidenten Duong Van Minh, veranschaulicht mir eindrucksvoll das Leben und Wirken der letzten Tage in der Südvietnamischen Republik. Erbaut 1873 von den einstigen, französischen Kolonialherren und nach Abriss wiedererrichtet 1962, zeigt es eine für die 60er Jahre typische Architektur und Inneneinrichtung.Geschichtsbewusst beobachte ich auf dem Dach des Palastes die zweit rot umrandeten Felder, die jene Stellen markieren, an denen der Pilot der südvietnamesischen Luftwaffe Nguyen Thanh Trung am 8. April 1975 zwei Bomben abwarf und sich damit auf die Seite der kommunistischen Truppen Nordvietnams stellte. Im Garten des Anwesens sind noch heute die zwei nordvietnamesischen Panzer zu besichtigen, die am 30. April 1975 um 10:45 Uhr die Tore des Palastes durchbrachen und das Ende des Vietnamkriegs markierten. Auch das „Kriegsmuseum“ unweit des Palastes verdeutlicht mir als jungem Menschen, der die Geschehnisse des Vietnamkriegs nicht miterlebt hat eindrucksvoll auf zwei Etagen voller Relikte, Bilder und Filmaufzeichnungen, die Schrecken jener Tage, von denen heute hier in der Stadt glücklicherweise nichts mehr zu spüren und zu sehen ist. Diese Stadt schläft nie und seine fast 10 Millionen Einwohner sind zu jeder Tages- und Nachtzeit unterwegs. Ich unternehme in den Nachmittagsstunden einen Spaziergang durch den Distrikt 1, das ist der Kern von Ho Chi Minh Stadt, der heute noch Saigon heißt. Am Ufer des Saigonflusses blicke ich den kleinen Booten und großen Schiffen hinterher, die sich hier ihr Stelldichein geben. Vorbei geht’s an der überdimensional mächtigen Statue des vietnamesischen Generals Trân Hung Dao, der im 13. Jahrhundert die Mongolen besiegte und zum größten Nationalhelden des Landes avancierte. Ich spaziere auf der Dong Khoi, der ehemaligen Rue Catinat, der alten Prachtstraße Saigons auf der schon die französischen Kolonialherren Präsenz zeigten. Allgegenwärtig ist hier die französische Architektur. Teure Designerläden, Bars und luxuriöse Hotels säumen die Straße, auf der ich zunächst zum pompösen Opernhaus gelange. Schräg gegenüber der Oper besuche ich das berühmte Hotel Caravelle, in dem während des Krieges westliche Berichterstatter lebten, darunter auch der legendäre und erst kürzlich verstorbene Peter Scholl-Latour, der stets von der Dach-Bar des Hotels den traumhaften Blick über Saigon genossen haben soll, hinüber zur Kathedrale Notre Dame und zur 1908 erbauten Hauptpost, dem ehemaligen Hotel de Ville, am Nguyen Hue Boulevard.

Natürlich lasse ich mir den legendären Ben Than Markt, ein Muss für jeden Touristen, nicht entgehen. Diese 1914 erbauten Markthallen mit einem markanten Glockenturm bieten heute vor allem Shopping-hungrigen Reisenden auf einem Quadratkilometer Souvenirs und Plagiate von Produkten aller Art sind dort zu finden, wer richtig hinschaut, findet aber auch Erstaunliches, Typisches, Einheimisches. Gewürze, getrockneter Fisch, Obst und Gemüse, das in Europa nicht zu finden ist, vietnamesische Speisen und Handwerkskunst sind es, die hier feilgeboten werden und mich faszinieren. Allgegenwärtig ist der vietnamesische Kegelhut, der in allen Größen und Dekorationsvarianten erhältlich ist. Auch lachende Buddhamasken aus Holz oder Figürchen aus Stein sind landestypische Dinge, die das Herz erfreuen. Außerhalb des Marktes beherrschen Straßenhändler das Bild. Besonders Nachts, wenn die Markthallen geschlossen sind, beginnt draußen das rege Treiben der Händler im Licht der Nacht.

Und faszinierend sind auch die vielen Speisen-Stände am Straßenrand. Mit kleinen Töpfen ausgestattet, hocken sie auf den Bürgersteigen, bieten Waffeln, Kokosnuss-Getränke oder kleine Speisen an, die direkt vor Ort zubereitet werden. Der Vietnamese hockt gerne, diese Form des Sitzens empfindet er als bequem und kann in dieser Stellung stundenlang verharren. Es dampft und riecht nach Gewürzen, die der europäischen Nase fremd sind. Die Namen der Speisen erscheinen mir noch undurchsichtiger als das Gekochte an sich. Im Wesentlichen kommen Hühnchen, Rind oder Schwein mit Mundgo-Bohnen, Nudeln, Sojasprotten in das Gericht. Ein Tabu gibt es in Vietnam nicht, sodass auch andere Fleischsorten zu finden sind, die für Europäer eher abstoßend wirken. Ein Gericht beinhaltet immer Reis, auch Nudeln werden aus Reis hergestellt und gehören zu jeder Speise als Beilage dazu. Die südvietnamesische Küche weißt starke Einflüsse von Thai, Khmer und indischer Küche auf. Im Norden sind eher chinesische Einflüsse zu entdecken. Es ist nichts so heiß, wie es gekocht wird – das passt in Vietnam tatsächlich, denn fast alles wird im Sud gegart und dann mundgerecht in einer Schale serviert. Nur mir als Europäer fällt etwas die Übung, die Speisen mit den Essstäbchen zu mir zu nehmen. Saigon lebt, atmet, bewegt sich und steht niemals still – Saigon vibriert.

Fast etwas wehmütig, aber auch voller Spannung verlasse ich Ho Chi Minh City und begebe mich in einem zweistündigen Flug in den Norden des Landes, in die Hauptstadt Hanoi.

Hanoi – das Havanna des Ostens

Hat mich in Saigon noch die Lebendigkeit des Straßenbildes fasziniert, so ist es in Hanoi die Großartigkeit der Bauwerke, die koloniale Geschichte geprägt durch die Franzosen und die aktive politische Präsenz des heutigen Systems, das in Deutschland längst der Vergangenheit angehört. Ich wandle zunächst im Zentrum des Regierungsviertels zum Mausoleum des großen vietnamesischen Führers und Revolutionärs Ho Chi Minh, dem ersten Präsidenten der Demokratischen Republik Vietnam, bei uns als Nordvietnam bekannt. Gewaltig kommt der dunkelgraue Klotz von Mausoleum daher. Breit ist die Parade-Straße vor dem Mausoleum, dem gegenüber das Parlament liegt, dessen Mitglieder alle fünf Jahre tagen.
Das französische Viertel schließt sich an mit seinen rechtwinklig zusammenlaufenden, breiten Alleen und den pompösen Kolonialvillen. Hier also hatten die Franzosen ab 1883 das Verwaltungszentrum von Französisch-Indochina errichtet. Für den Bau einer Oper und Kirchen wurden die Wasserwege einfach zugeschüttet. Überhaupt hat Hanoi eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Denn als chinesische Zitadelle Dai La von König Ly Thai To unter dem Namen Thang Long begann diese Stadt einst. Von zahlreichen Invasoren Jahrhunderte lang besetzt, wurde es 1831 von dem Nguyen-Kaiser Minh Mang in Ha Noi „Stadt innerhalb der Flüsse“ umbenannt. Erst mit dem Proklamation der Republik durch Ho Chi Minh auf dem Ba-Dinh-Platz wurde die zu dieser Zeit von den Japanern besetze Stadt zur Hauptstadt Nordvietnams. Es sollten aber noch viele Kriege gegen die Franzosen und die Amerikaner folgen, bis Vietnam endlich zur Freiheit gelangte. Seit 1976 ist Hanoi nun Hauptstadt des vereinigten Vietnams. Beeindruckt spaziere ich durch die breiten Straßen Hanois. Hier ist alles groß und mächtig.
Ich gelange in den Bezirk um die Markthallen des Ben Vien Markts. Das nun vorherrschende, wirbelnde Treiben und die bunten Straßenhändler erinnern mich an Saigon.
Rund um den Ho Hoan Kiem See mitten in der Stadt, pulsiert das Nachtleben in den Gassen. Angezogen von den traumhaften Licht-Inszenierungen tauche ich in den Strudel der Nacht rund um die Straße Thai Hien ein. Hier pulsiert das Leben. Hier leben die Häuser, erzählen Geschichten, spucken Menschen aus und ziehen sie in sich hinein. Wer nicht aufpasst, verliert sich in Gassen, in denen noch das alte Indochina zu spüren ist. Dreckig, verrucht, dekadent und dennoch einzigartig kommt die Stadt in ihrem Kern daher. Der Großartigkeit des politischen Zentrums stehen die skurrilen Stadtteile darum herum entgegen. Die Zeit scheint stehen geblieben zu sein und doch fühlt man hier sich am Puls derselben. Ein Vergleich zum kubanischen Havanna tut sich auf. Das Havanna des Ostens, schmunzle ich.

Sa Pa – Grenzstadt zu China oder das Zentrum der Bergvölker

Und weiter zieht es mich nach Norden. Nach Sa pa in den Bergen. War es in Hanoi schon deutlich kühler als im schwül-heißen Saigon, so herrschen in den Bergen Temperaturen wie in Deutschland. Zuweilen trifft man hier im Winter auch nicht selten auf Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Die Stadt Sa Pa in der nordwestlichen Provinz Lao Ci ist Heimat zweier Völker, die sich von den übrigen Vietnamesen in ihrer Art und Erscheinung vollkommen unterscheiden. Die Hmong und die Dao sind zwei Völker, deren Angehörige als Minderheit in Vietnam hier oben leben. Beide sind indigene Völker und stammen aus verschiedenen Regionen Chinas, aus denen sie vor etwa 300 Jahren hierher gewandert sind. Der Ort Sa Pa wurde von den Franzosen als Chapa gegründet und diente ab 1822 als Erholungs-Kurort in den Bergen. Die Architektur zeugt heute zwar immer noch davon, ist aber rekonstruiert. Denn 1979 wurde die Stadt von den Chinesen in einer Strafaktion als Rache für den vietnamesischen Angriff auf das mit China befreundete Kambodscha und die dortigen Roten Khmer völlig zerstört.
Sa Pa ist ein quirliges Bergstädtchen, ein Drehkreuz für Touristen, in dem sich infolgedessen ein blühender Handel mit Souvenirs und Sportausrüstung für Wanderungen entwickelt hat. Erheitert wandele ich durch die belebten Gässchen, in denen Frauen in ihren markanten bunten Trachten auf dem Boden sitzen und ihre Textilien anbieten, meist Trachten-Teile, Lederwaren oder Holzschmuck, der aber in der Region hergestellt wird. Ein Fest für die Sinne und ein  Augenschmaus, der seines Gleichen sucht, tut sich hier auf.
Nicht weniger spannend ist das Umland der Stadt. Die berühmten Reis-Terrassen schmiegen sich hier allerorts an die steilen Berghänge an und geben mit ihrem stufenförmigen Aufbau ein unverwechselbares Bild ab, dass sich nirgends sonst finden lässt. Es ist früher Morgen, als ich von meinem Zimmer in Sa Pa auf die Bergwelt schaue. Unter mir liegt ein Wolkenteppich, der sich in der Morgensonne aalt. Ich scheine zu schweben. Unwirklich erscheint mir diese Welt hier oben und ganz anders als ich Vietnam sonst kennengelernt habe.
Ich tauche ein, in die fast ärmlich wirkenden Dörfer der Gegend in einem sieben Kilometer langen Spaziergang  und treffe auf Vang Thi Soi. Die 36-jährige Dorffrau vom Stamme der Dao und ihr Mann Tay vom Stamme der Hmong führen eine kleine Pension, in dem Reisende hautnah das Leben der Gegend erfahren können. Ja es ist nicht leicht hier oben, die Kälte im Winter und die häufigen Unwetter machen der Bevölkerung zu schaffen. Da ist man froh über den wachsenden Tourismus. Gäste aus Deutschland hat Frau Vang auch oft. Aber die meisten kommen aus Vietnam oder anderen Ländern Asiens, manche auch aus Australien.

Von Sapa aus breche ich auf zur Ha Long Bay mit einem Zwischenstopp in Hanoi. Weit sind hier die Wege. Trotz neu gebauter Schnellstraßen kommt man kaum voran. Ist es des einen Fluch, so ist es des anderen Segen. Denn unterwegs ziehen Landschaften, Menschen, Landwirtschaft und Städte an mir vorbei. Ich nehme Gegebenheiten wahr, die mich als Europäer in blankes Staunen versetzen, Dort pflügt ein Bauer sein Feld mit dem Ochsen, hier ernten Frauen auf den Reisfeldern. Fischer werfen auf den Flüssen ihre Netze von den kleinen Holzbooten. Maschinen scheint es auf dem Land nicht zu geben. Die Zeit ist stehen geblieben.
Ich blicke fasziniert und bewundernd auf dieses Land, das wahrlich keinen materiellen Reichtum zu bieten hat. Aber die Ursprünglichkeit der Bevölkerung, die unverfälschte Natur, die Herzlichkeit der Menschen und deren Gastfreundschaft, zu der sie ob der vielen Leiden, die ihnen vom Ausland zugefügt wurden, eigentlich keinen Grund hätten. Das fasziniert mich. Ein Volk, das immer wieder aufsteht, das sich zu helfen weiß und trotz aller Widrigkeiten zurecht kommt. Hoffentlich bleibt Vietnam sein ursprünglicher Charakter auch mit ansteigendem Tourismus erhalten, denke ich bei mir und freue mich, dass ich in den wenigen Tagen meiner Aufenthalts nicht nur besonders viele Teile des Landes gesehen habe, sondern auch so intensiv in den Kontakt mit seinen Menschen kommen durfte. Und dennoch gibt es noch viel mehr zu sehen in Vietnam. Denn gerade die Mitte des Landes mit seinen touristischen Städten Da Nang und Hoi An, die wohl als malerischste Stadt Vietnam gilt, die Ba Na Hills mit der längsten Gondelbahn der Welt und seinen Affenbergen, die traumhaften Küstenstreifen mit kilometerlangen, leeren Sandstränden oder die Tempelhöhlen und verschlungenen, unterirdischen Gänge, die im Vietnamkrieg als Zuflucht der Vietkong-Soldaten diente. Alle das wartet noch auf mich bei einem erneuten Besuch des Landes im Mekong-Delta, für den sich auch ein zwölfstündiger Flug von Deutschland in jedem Fall lohnt.

Kurz notiert:

Wie kommt man hin?

Mit Vietnam Airlines gelangt man von Frankfurt direkt nach Ho Chi Minh City oder nach Hanoi. Der Flug dauert etwa 11 Stunden und kostet je nach Angebot ab 580 Euro (Stand Dezember 2015)

www.vietnamairlines.com

Im Land kann man von Ho Chi Minh City aus für ca. 60 Euro nach Hanoi fliegen mit Vietnam Airlines.

Zeitunterschied: Je nach Sommer- oder Winterzeit sind es +5 oder +6 Stunden Unterschied zu Deutschland

Währung: Die vietnamesische Währung ist der Dong. Umrechnung 1: 24000(Stand 12/15), das Preisniveau ist sehr niedrig, ein Kaffee kostet ca. 70 Cent, ein Bier etwa 1,20 Euro in Ho Ch Minh City, auf dem Land etwas preiswerter.

Unterkunft Ho Chi Minh City: Wer es luxuriös mag, sollte das Equatorial Hotel aufsuchen. Hier erlebt man Komfort aller Art.https://hochiminhcity.equatorial.com

Es gibt aber auch zahlreiche, kleinere Hotels, Hostels oder Pensionen. Diese sind vor allem zu finden im sogenannten „Backpacker Area“. Hier kann man die Buchungs-Maschine www.booking.comzur Hilfe nehmen.

Unterkunft in Hanoi:

Hier empfiehlt sich das legendäre Metropol Hanoi, das heute als Sofitel legend geführt wird, direkt im französischen Viertelhttp://www.sofitel-legend.com/hanoi/en

Unterkunft Sa Pa

In Sa pa ist es ratsam, das Amazing Hotel aufzusuchen. Die Zimmer sind gemütlich im einheimischen Stil eingerichtet, das Hotel verfügt über einen traumhaften Blick in die Berge, der besonders Morgens einzigartig ist. http://amazinghotel.com.vn

Kreuzfahrt in der Ha Long Bay: Hier kann man 1-oder 3-Tagesfahrten buchen auf den Schiffen der Linie Bhaya. https://www.bhayacruises.com

Einen Bootsausflug im Mekong-Delta bucht man am besten hier:https://www.thesinhtourist.vn/tour/mk/tg-sgmt-01/my-tho-and-ben-tre

Sehenswürdigkeiten Hi Chi Minh City, Hanoi und Sa pa sowie Ha Long Bay

Alle wichtigen Sehenswürdigkeiten in Vietnam, geordnet nach Städten, sind abrufbar auf Vietnamtravelinfo (auf Deutsch):http://www.vietnam-travel-info.de/


DER JOURNEYLIST - Philip DuckwitzMitglied in der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten (Journalistenkreis)Mitglied im Deutschen Fachjournalisten-Verband (DFJV)
Internet: http://www.journeylist.de

Publiziert am: Freitag, 25. Dezember 2015 (5123 mal gelesen)
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