Vom Massen-Badeort in die italienische Romagna

Nein, vom Fischen lebt er schon lange nicht mehr, erzählt Romano Rossi, den ich in dem kleinen Ort Censenatico antreffe, etwa 25 Kilometer entfernt von der Touristenmetropole Rimini, die im Sommer vor Reisenden aus ganz Europa überläuft, an deren Stränden die Menschen wie Ölsardinen nebeneinander in der Sonne liegen. In Censenatico ist es jetzt noch beschaulich. Der von Leonardo da Vinci einst geplante Hafen in der Altstadt mit seinen malerisch angeordneten Segelbooten, an den Ufern gesäumt von bunten, typischen Häusern der Emilia Romagna hat etwas vom Charme vergangener Zeiten. In der Hauptsaison steppt in der Hauptstraße auch hier der Touristen-Bär, der dank der zahlreichen Bars in Cafés ein dankbares Umfeld zum Feiern findet.

Und dennoch hat sich der Ort sein ursprüngliches Flair erhalten, man muss nur genau hinschauen. Auch wenn die Fischer am Hafen nur noch als Hobby fischen, mutet es beschaulich an, Ihnen zuzusehen. Die Netze hänge direkt an ihren Hütten und müssen nur ¼ Stunde ins Wasser gehalten werden, um einen Fang zu erhalten. Leben kann man davon aber nicht mehr, das Mittelmeer ist eigentlich reichhaltig, aber seit einigen Jahren bleibt der Fang hier an der Küste dennoch aus. Seit 30 Jahren fischt Romano Rossi und es ist ihm eine wahre Leidenschaft, mit dem Boot hinaus zu fahren, selbst wenn es nur aus Nostalgie ist.

Auf Fellinis Spuren durch Rimini

Rimini ist ein Massen-Tourismusort – denkt man. Die Vorzüge und Nachteile der altbekannten…

.. Touristen-Metropole Rimini sind hinlänglich bekannt, handelt es sich doch um das beliebteste Reiseziel Italiens seit Großeltern´s Zeiten in den 50er Jahren. Doch die Stadt bietet mehr, vor allem viel Kultur und kulturelle Vergangenheit und eine Persönlichkeit, die unumstritten Filmgeschichte geschrieben hat. Frederico Fellini, Sohn der Stadt Rimini im Jahr 1920. Sein Leben lang verbrachte er seine Urlaube in dem berühmten Grand Hotel direkt in Strandnähe. Er bewohnte immer die gleiche Suite, die noch heute zu besichtigen und sogar zu mieten ist. Fellini selbst beschrieb dieses pompöse Hotel so: „Das Grand Hotel verkörperte das Märchen von Reichtum, Luxus und orientalischem Prunk“.

Bei einem Bummel in Richtung Altstadt treffe ich auf zahlreiche Spuren des bekannten Regisseurs. Schauplätze wie der Piazza Cavour, der Fellini als Vorbild für den Platz im

Film Amarcord diente, Hauswände des ehemaligen Fischerorts Borgo San Giuliano links und rechts der Via Marecchia vor Riminis Altstadt tragen Bildnisse des Meisters und Szenen aus seinen Filmen als Fassadenbilder. Ich spaiziere über die Ponte di Tiberio aus dem Jahr 20 n. Chr, jene markante Steinbrücke, die mich in die Altstadt führt. Nach wengin Metern gelange ich zum berühmten Kino Fulgor am Corso Augusto 162, äußerlich geprägt von seiner Jugendstilfassade. In seinem Film „Roma“ erzählt Fellini von diesem Kino, wo er auf den Knien seines Vaters seinen ersten Film sieht – „Maciste in der Hölle“ . „Wie in Ställen trennte ein Lattenzaun die Plätze des “einfachen Volkes” von den “nobleren”. Wir zahlten elf Groschen, hinten zahlte man eine Lira zehn“ , erinnert sich der Meister in seinem Film an jenes Kino, dass derzeit umgebaut wird zur Casa del Cinema, ohne dabei den Charme und die Erinnerung des altehrwürdigen zu verlieren. Der Bühnenbildner und Oskarpreisträger Dante Ferretti wurde mit der Planung des Kinosaals im Stile des romagnolischen Hollywoods der 30er Jahre beauftragt, der im Oktober 2017 zusammen mit dem Foyer eröffnet werden soll. Die Altstadt selbst ist geprägt von dem weitläufigen Piazza Cavour, ehemals das Zentrum des mittelalterlichen Stadtkerns, in dessen Mitte Papst Paul V. Imposant auf einem Sockel thront und mahnend den Finger hebt. Eingerahmt von den alten Markthallen und den Stadtgebäuden der Kommune Rimini wirkt der großzügige Platz auch heute noch mächtig und so ist es kein Wunder, dass er in Fellinis Film Amacord als Vorbild für den dort vorkommenden Platz dient. Das mächtige Stadttor „Arcor di Augusto“, der Augustusbogen beendet meinen Bummel durch Altstadt. Jener 27 v. Chr. erbaute Triumphbogen erhebt sich am Ende der Altstadt und begeistert mich auch wenn er ausnahmsweise in keinem Fellini-Film Eingang findet. Rimini hat mehr zu bieten, als Strände und Bars. Der Regisseur Fellini ist wie das kulturelle Salz in der Suppe der Stadt, welches die Bademetropole zu einer Kulturstadt erhebt.

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Salz und Flamingos oder die Salinen von Cervia

Salz ist das Stichwort, mit dem ich meine Erkundung der Gegend in und um Rimini fortsetze. Mein Weg führt mich in den Salinen-Park von Cervia, nur 30 Kilometer entfernt von Rimini. Auf 827 Hektar findet sich hier nicht nur ein insgesamt 46 Kilometer großes Netzwerk aus Kanälen, welche die Salzfelder durchkreuzen. Die Hauptattraktion sind wohl die 2000 Flamingos und mehr als 100 Vogelarten des Parks. Immerhin ist der Park seit 1979 Naturschutzgebiet und bietet zahlreichen Wasservögeln die Gelegenheit zu überwintern rund um die Gewässer der Salinen. Und wirklich entdecke ich bei meiner entspannenden Fahrt mit einer Barke durch die Kanäle einen Schwarm von rosa-schimmernden Flamingos die just über die Salzfelder fliegen und sich an anderer Stelle wieder niederlassen. Die rosa Farbe erhalten die Flamingos von dem Farbstoff Carotinoid, den kleine Fische und Krebstiere enthalten, die in dem sehr salzhaltigen Wasser der Salinen leben können. In den Salinen beträgt der Wasserspiegel nur wenige Zentimeter und das Salzgehalt ist sehr hoch, nämich 150 %. Und weil das Salz fast jeden Tag geerntet wird und das Klima so mild ist, lerne ich von meiner Salinen-Führerin, bezeichnet man das Salz von Cervia als süßes Salz, denn es kann keine Bitterstoffe produzieren. Längst wird das Salz mit Maschinen gewonnen, aber in der Camillone-Saline betreibt man noch wie früher die handwerkliche Salzgewinnung.

Tuffsteingrotten und ein adeliger Geist in der Stadt des Erzengels

Beschaulich, mit malerischen Gassen kommt der Ort Santarcangelo die Romagna, der Ort des heiligen Erzengels daher. Olivenbäume und Pappeln säumen die Straßen hin zur mittelalterlichen Altstadt. Der markante Triumphbogen Ganganelli am Eingang der Stadt führt direkt in die Gassen des Ortes. Ich begebe mich in die Via Ruggeri, denn dort befindet sich der Eingang zu einer der ungewöhnlichsten Attraktionen der Stadt. Es sind die Tuffsteingrotten, ein Netz aus 150 mysteriösen Höhlen. Das mit einem massiven Gitter versperrte Gangsystem ist ein Mysterium in sich. Denn die zwischen dem 6. und 15. Jahrhundert entstandenen Höhlen wurden als Lagerstätten oder auch als kultische Orte genutzt. Hinweise gibt es auf beide Formen der Nutzung, aber sicher ist man sich da nicht. Säulengefasste Rundbögen und enge Gänge, hohe, Kamin-artige Schlote und kreisrunde Plätze empfangen mich im Inneren der Tuffsteingrotten.

Nicht weniger gruselig ist die Geschichte der markanten Malatesta-Burg in Santarcangelo. Denn in dem Saal des markanten Turms jener Burg starb im Morgengrauen des 10. Oktober 1432 mit knapp einundzwanzig Jahren Galeotto Roberto Malatesta, genannt “il Beato – der Glückselige”, ein Enkel und Erbe von Carlo sowie der Bruder von Sigismondo und Malatesta Novello. Der Erzählung nach wurde die Prinzessin Francesca da Rimini mit Gianciotto die Malestata verheiratet, der auch „der Lahme“ genannt wurde. Eigentlich liebte sie dessen jüngeren Bruder Paolo. Und während sich einmal Gianciotto auf Reisen befand, begann die Prinzessin mit Paolo eine Affäre, sie wurden aber erwischt, weil der gehörnte Ehemann früher heimkehrte. Das Liebespaar wurde an Ort und Stelle zu Tode gefoltert. Der Geist der Prinzessin soll bis heute über den Hof der Burg schweben und spuken. Besucher, die am Abend die Burg besuchen, sollen schon eine Gestalt mit langem, weißen Gewand auf den Zinnen der Wehrtürme gesichtet haben.

Die Festung San Leo oder ein Dorf über den Wolken der Romagna

Nicht weniger mystisch geht es in dem Dorf San Leo und seiner weithin sichtbaren Festung zu. Das 35 Kilometer von Rimini entfernt liegende Bergdorf bedarf zunächst mal eines besonderen Aufwands, um es zu erreichen. Mit einem Bus gelange ich in das fest umschlossene 3000-Seelen-Dorf auf 600 Höhenmetern. Nahe dem Zwergstaat San Marino gelegen trägt dieser Ort den Namen des Papstes Leo, der hier das Christentum gepredigt hat und dessen steinerner Sarkophag bis heute in der Kathedrale San Leone im Zentrum nahe dem Piazza Dante zu sehen ist. Die Burg oberhalb des Ortes ist Schauplatz einer grausigen Foltergeschichte aus dem 18. Jahrhundert. Denn von 1791-95 verbrachte hier der Alchemist, Arzt und Freimaurer Giuseppe Balsamo, der auch unter seinem Künstlernamen Graf Alessandro Cagliostro bekannt ist, eine schaurige Gefangenschaft in der Burg, die vom Vatikan als Kerker genutzt wurde. Der vermeintliche Graf hatte sich den Zorn der katholischen Kirche zugezogen, weil er eine Sekte mit altägyptischen Riten gründete, eine Abspaltung des Freimaurer-Bundes. Und schlimmer noch: Zusammen mit dem bekannten Casanova erfand er die Lotterie. Auch die Frauen waren ein Laster des Hochstaplers. Grund genug scheinbar, ihn in das Burgverließ zu werfen.

Cagliostros Haft war qualvoll und so verstarb er am 26. August 1795 im Kerker indem er lebend in eine Zelle eingemauert wurde. Angeblich soll er im Bund mit Dämonen gestanden und behauptet haben, er könne nicht sterben, weil er das Elixier des ewigen Lebens gebraut und zu sich genommen habe. Die Geschichte seiner Haft kann ich mir heute in einem hörbaren Rundgang aneignen. Und jährlich zum Todestag des Arztes und Hochstaplers überschwemmen Freimaurer aus ganz Europa den Ort zum Festival der Alchemie.

Passend zu den gruseligen Geschichten des grausigen Grafen hüllt sich die Festung an diesem Tag in dichten Nebel und versperrt mir die Sicht ins Tal. Drohend, fast unheimlich erhebt sich die Der Burgturm auf der Bergspitze und mahnt mich an das Gedenken der eigentümlichen Haft des Hochstaplers in der Bergfestung.

Meine Reise durch eine Region rund um einen Ferienort, der sein italienisches Flair in den letzten Jahrzehnten fast verloren hat wegen des boomenden und fast unerträglichen Massentourismus hat mich an Orte geführt, die mich ob dieses Eindrucks eines besseren belehren sollen. Rund um Rimini pflegen die Menschen noch die Kultur und Traditionen der Emilia-Romagna. Rimini hat bei genauem Hinsehen mehr zu bieten als nur Bars und Strandleben und die Natur der Küstenregion ist reichhaltiger als es auf den ersten Blick zu erwarten wäre.

Kulinarische Freuden, bis der Gürtel sich spannt gehören zu jeder Mahlzeit – Pastagerichte, Fisch, Rind- und Lammfleisch der Region, süße Nachspeisen und ausgezeichnete Weine lassen das Herz jeden Gourmets höher schlagen und kaum einen Wunsch offen. Satt und zufrieden, gesättigt an Eindrücken und tief entspannt verlasse ich nach einigen Tagen die Metropole Rimini in der Gewissheit, dass sich ein Besuch hier sicherlich lohnt – vor allem außerhalb der Saison, um diese Gegend in seiner Schönheit in vollen Zügen zu genießen.

Kurz notiert

Wie kommt man hin?

Als Pauschalreise lässt sich die Tour in und rund um Rimini für Gruppen buchen beim Reiseveranstalter Olimar: www.olimar.de/italien

Auch Einzelreisender werden hier mit Flug und Hotel schnell fündig, besonders geeignet ist dabei die Rundreise „Emilia Romagna: von den grünen Hügeln zum goldenen Strand“

www.olimar-hotels.com/BLQR01.

Mit dem Flugzeug kommt man direkt von Deutschland zum Flughafen Rimini oder nach Bologna und dann mit dem Bologna-Rimini-Shuttle als Transfer.

https://www.airline-direct.de/fluege/Rimini-RMI

https://www.shuttleriminibologna.it/de/

Unterkünfte

Gut wohnen lässt es sich in Rimini direkt in Strandnähe im Hotel Milton als Ausgangspunkt für Aktivitäten

www.olimar.de/best-western-premier-milton-hotel

Wer gerne einmal in Fellinis Suite nächtigen möchte, quartiert sich am besten ein im Grand Hotel Rimini, direkt neben dem Milton. www.grandhotelrimini.com

Restaurants

In Rimini lässt es sich ausgiebig und regionat-typisch speisen im Ristorante dallo zio

www.ristorantedallozio.it

Fisch bekommt man in Rimini nirgends besser serviert als in der Trattoria La Marianna direkt vor der Tiberius-Brücke zur Altstadt.www.trattorialamarianna.it

Im Ort Santarcangalo sollte man unbedingt das Restaurant „La Sangiovesa“ besuchen und dort in urigen Gewölbekellern rustikale Speisen der Emilia-Romagna zu sich nehmen

www.sangiovesa.it.

Im Ort Censenatico speist man hochklassig und vorzüglich im Grand Hotel Da Vinci

http://www.grandhotelcesenatico.com/

Im Bergdorf San Leo speist und wohnt man bestens im Ristorante La Rocca

http://www.laroccasanleo.it

Aktivitäten und Tourismus-Ämter

Die Salinen von Cervia kann man hier besuchen:

http://www.rivieradeiparchi.it/de/die_salinen_von_cervia.php

Das Tourismusamt der Emilia-Romagna informiert über alle möglichen Aktivitäten in der Region:

http://www.emiliaromagnaturismo.it/de

Diese Reise wurde durchgeführt mit freundlicher Unterstützung des Reiseveranstalters Olimar.

https://www.olimar.de/

und der Region Emilia-Romagna. http://www.emiliaromagnaturismo.it/de

Journeylist – Philip Duckwitz

Mitglied in der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten (Journalistenkreis)

Mitglied im Deutschen Fachjournalisten-Verband (DFJV)

Internet: http://www.journeylist.de